BaZ - Rettungssanitäter zu Herzstillstand

10. Jun 2025

«Wenn wir kommen, ist es eigentlich schon zu spät. Wir brauchen eure Hilfe!»


«Wenn wir kommen, ist es eigentlich schon zu spät. Wir brauchen eure Hilfe!»

Der Non-Profit-Verein Life-Support befürchtet, dass aufgrund einer Studie der Universität Basel die Hilfsbereitschaft, bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zu helfen, abnimmt.

von Dina Sambar, Publiziert in der BaZ vom 10.6.2025

BaZ

Daniel Fringeli zeigt an einer Versuchsperson, wie man einen Herz-Kreislauf-Stillstand erkennt.
Foto: PD

In Kürze:
  • Lebensretter kritisieren Basler Studie wegen möglicher negativer Auswirkungen auf Hilfsbereitschaft.
  • Rettungskräfte sind auf rasche Hilfe durch Passanten für erfolgreiche Reanimationen angewiesen.
  • Im Tessin wurde die Überlebensrate nach Herzstillständen durch gezielte Massnahmen verdoppelt.


Eine Studie der Universität Basel sorgt bei professionellen Lebensrettern für Unruhe. Sie zeigt, dass jeder zweite Mensch bei einem Herzstillstand keine Wiederbelebung wünscht, wenn ihm bewusst ist, dass nur etwa 25 Prozent der Überlebenden danach ohne Unterstützung zu Hause leben können.
«Wir befürchten, dass diese Studie die falsche Botschaft sendet und deshalb weniger Menschen bereit sind, im Notfall zu helfen», sagt Daniel Fringeli, Geschäftsführer des Non-Profit-Vereins Life-Support und seit 35 Jahren diplomierter Rettungssanitäter. Das könne fatale Folgen haben.
Kippt eine Person auf der Strasse mit einem Herzstillstand um, entscheiden wenige Minuten über Leben oder Tod. «Man weiss vor Ort nicht, ob die Person wiederbelebt werden möchte. Daher sind wir Sanitäter gesetzlich verpflichtet zu reanimieren, sofern keine eindeutigen Todeszeichen oder eine korrekt ausgefüllte Patientenverfügung vorliegen», sagt Fringeli.
Die Ambulanz schafft es in der Regel jedoch nicht, innerhalb der entscheidenden drei bis vier Minuten vor Ort zu sein: «Wenn wir kommen, ist es eigentlich schon zu spät. Wir sind auf die Bevölkerung angewiesen. Wir brauchen eure Hilfe», sagt Fringeli.
Die sofortige Herzdruckmassage durch Laien oder «First Responder» sei nach der Erkennung des Stillstandes und Alarmierung der entscheidende erste Schritt in der Rettungskette: «Nur so haben die Betroffenen eine realistische Chance, den Notfall ohne neurologische Schäden zu überleben», sagt der Sanitäter. Es sei frustrierend, beim Eintreffen mit der Ambulanz auf Menschen zu treffen, die einfach neben dem Patienten stünden, ohne zu helfen, «besonders, wenn die Betroffenen junge Personen sind, die noch das halbe Leben vor sich gehabt hätten».

Die Überlebenschance soll in Basel steigen

Derzeit überlebt im Schnitt nur rund jede siebte Person einen Herzstillstand. Die meisten davon mit erheblichen Einschränkungen. Das sind auch die Zahlen, die der Studie zugrunde liegen. Fringeli ist überzeugt, dass sich diese Statistiken erheblich verbessern liessen, wenn ein grosser Teil der Bevölkerung wüsste, wie man richtig reagiert. «Im Tessin konnte die Überlebensrate nach einem ausserklinischen Herzstillstand mehr als verdoppelt werden. Das sollte auch in Basel möglich sein.»
Und ist auch das Ziel von Life-Support. Der Non-Profit Verein bietet Schulungen in Wiederbelebungstechniken durch medizinisches Fachpersonal an und sensibilisiert die Öffentlichkeit für dieses wichtige Thema. «Wiederbelebungskenntnisse gehören aus unserer Sicht zur Grundkompetenz des Lebens», so Fringeli.
In den über 20 Jahren seines Bestehens hat der Verein über 36’000 Menschen in der Region geschult. Seit 2015 gehören auch Polizisten in Basel zu den Kursteilnehmern. Laut dem Rettungssanitäter ist das jedoch nicht ausreichend. «Wir wünschen uns, dass ab der 8. Klasse flächendeckend zwei Stunden Reanimationsausbildung im Stundenplan stehen. Zudem sollte jedes Polizeifahrzeug mit einem Defibrillator ausgestattet sein. Doch für beides bedarf es des politischen Willens», sagt Fringeli.
Auch wenn der diplomierte Rettungssanitäter dem Ansatz der Studie nicht zustimmt, unterstützt er das Ziel, mehr Menschen dazu zu bewegen, eine informierte Patientenverfügung auszufüllen: «Die Patientenverfügung ist eine sinnvolle Sache, aber sie kommt meist erst im Spital oder Pflegeheim zum Tragen.»

Was tun bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand?
  1. Wenn jemand kollabiert, bewahren Sie Ruhe und versuchen Sie, die Person anzusprechen.
  2. Gibt sie keine Antwort, kneifen sie die Person heftig.
  3. Atmet der Patient nicht oder sehr unregelmässig, zeigt keine Lebenszeichen und reagiert auch nicht auf den Schmerzreiz, zählt jede Sekunde. Wählen Sie sofort den Notruf 144 und beginnen Sie mit der Herzdruckmassage.
  4. Knien Sie dafür neben den Patienten, legen Sie mit durchgestreckten Armen beide Hände in die Mitte des Brustbeins und drücken Sie mit voller Kraft 5 bis 6 Zentimeter tief. Richten Sie sich beim Tempo nach den Songs «Stayin’ Alive» oder «Yellow Submarine» (ca. 2 Stösse pro Sekunde). Es kann vorkommen, dass dabei eine Rippe bricht. Trotzdem weitermachen.
  5. Falls möglich, für die Erste Hilfe auch einen automatisierten externen Defibrillator (AED) einsetzen. Achtung: Der Defibrillator ist kein Ersatz für die Herzdruckmassage, nur ein Hilfsmittel.

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